Helen Meier

Helen Meier, geboren 1929 in Mels (Schweiz). Vater Dorfschullehrer. Lehrerseminar in Rorschach, danach als Grundschullehrerin tätig. Aufenthalte als Dienstmädchen und Köchin in England, Frankreich und Italien. Vier Semester Sprach- und Pädagogikstudium an der Universität Fribourg (ohne Studienabschluss). Arbeit für das Schweizerische Rote Kreuz (Tibeter-Betreuung). Sonderschullehrerin in Heiden (Kanton Appenzell-Ausserrhoden). Ab 1987 freie Schriftstellerin. Helen Meier wohnte in Trogen, sie starb dort am 13. 2. 2021.

*  17. April 1929

†  13. Februar 2021

von Heidy M. Müller

Essay

Nach dem Vorbild der englischen Short Story beginnt Helen Meier stets in medias res und schließt vorzugsweise mit einer subversiven Pointe. Der Blickwinkel der Erzählinstanz ist dem Standpunkt der beschriebenen Person nahe; manche Erzählungen bestehen sogar ganz aus einem stream of consciousness. Durch die Wiedergabe von Sinneswahrnehmungen nicht nur visueller und akustischer, sondern auch olfaktorischer und taktiler Art konstituiert Meier einen hautnahen Mikrokosmos. Der Reichtum an Verben, die eine Bewegung oder eine sonstige Veränderung umschreiben, und die Reihung kurzer und längerer Sätze zu syntaktischen Gebilden von ungewöhnlicher Länge bewirken eine Atmosphäre explosiver Dynamik. Stromartige Sätze versinnbildlichen das Lebensgefühl der Gestalten, die bald von Lebenshunger und Aggressionslust, bald von Gefühlen der Lebensangst und Ohnmacht überwältigt werden.

Der Auftritt beim Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb im Jahr 1984 machte die ...